Schlüsselbegriffe der Kommunikationspsychologie

Wir stellen grundlegende Begriffe unserer Kommunikationspsychologie vor

Viele Begriffe und Metaphern unserer Kommunikationspsychologie werden Ihnen geläufig sein, manche haben mittlerweile Einzug in den allgemeinen Sprachgebrauch gefunden ("Du hast halt ein übergroßes Beziehungsohr!"). Vielleicht sind Sie selbst Trainer:in oder Berater:in und nutzen diese Begriffe bei der Vermittlung kommunikationspsychologischer Kompetenzen.

In dieser Rubrik erläutern wir grundlegende Begriffe unserer Lehre. Vielleicht haben Sie Lust, Ihr kommunikationspsychologisches Wissen anzureichern und/oder zu überprüfen?

„Projektion“

Wut und Ärger sind geeignet, unsere Kommunikationsfähigkeiten einzuschränken und eine konstruktive Kontaktgestaltung zu erschweren. In solchen Momente ist es gut, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass das, was mich so aufregt, gar nicht an dir, sondern in mir selbst liegen könnte. Nicht selten sind es Projektionen, die den anderen zur Zielscheibe emotionaler Reaktionen machen.

Projektion ist ein ursprünglich von der Psychoanalyse beschriebener Abwehrmechanismus: Gefühle, Eigenschaften oder Verhaltensweisen, die nicht mit dem Selbstkonzept vereinbar sind, werden aus dem bewusste Erleben verdrängt und statt dessen mit Scharfeinstellung bei einem anderen Menschen wahrgenommen. Der seelische Vorteil: Was ich zutiefst ablehne, muss ich nicht als mir selbst zugehörig erkennen (und dort bekämpfen), sondern ich kann den Zorn mit weißer Weste an jemand anders richten: „Wozu ich nicht recht stehen kann, das häng ich einem andern an!“ Legt jemand eine Verhaltensweise an den Tag, die ich mir selbst nicht gestatten würde (beispielsweise auf den eigenen Vorteil zu achten), reagiere ich auf die die Person mit Abwertung. Dabei reicht (wie bei einer allergischen Reaktion) eine Minimaldosis des abgelehnten Verhaltens aus, um die Abwertung innerlich in Gang zu setzen.

Ein Projektionsverdacht liegt nahe, wenn die eigene emotionale Reaktion auf eine andere Person unverhältnismäßig stark ist. Beispiel: Konkurrenz ist mit meinem Selbstbild unvereinbar. Infolge dieses inneren Verbotsschildes („Ich darf nicht jemanden übertreffen wollen!“) reagiere ich mit Abscheu auf Menschen die sich leistungsbetont geben. In dem Fall lohnt es sich, im Wege einer Selbsterfahrung jenen Anteil in sich selbst aufzuspüren, der hinter Schloss und Riegel gehalten wird. Das Modell vom Inneren Team kann hierbei gute Dienste leisten.

„Metakommunikation“

Metakommunikation bedeutet wörtlich: Die Kommunikation über die Kommunikation.
Wenn wir miteinander reden, findet Kommunikation statt. Wenn wir aber darüber reden, wie wir miteinander reden, findet Metakommunikation statt. Bei ihr tauschen wir uns über die Art des Miteinanders aus, es wird gemeinsam reflektiert: Wie erleben wir den Umgang miteinander? Wie sind die gesendeten Äußerungen gemeint und wie die empfangenen Botschaften interpretiert worden, und welche Reaktionen folgen darauf?

Jetzt geht es um Fragen wie:

  • Wie hast du das gemeint?
  • Wie ist es bei mir angekommen?
  • Wie habe ich drauf innerlich reagiert?
  • Wir empfinde ich unseren Kontakt?
  • Wie geht es mir mit dir in diesem Gespräch?
  • Wie geben wir grundsätzlich miteinander um und wie geht es uns dabei?

Metakommunikation dient einerseits der Konfliktprophylaxe und ist andererseits ein wichtiges Vorgehen, wenn Personen bereits in einem Konflikt involviert sind. In diesem Fall begeben sich die Beteiligten gleichsam auf einen „Feldherrenhügel“, um sich mit innerer Distanz zum ausschlaggebenden Anlass darüber auseinander setzen zu können.

Metakommunikation bietet die Chance, Erkenntnisse über die Art der praktizierten Kommunikation zu gewinnen und sich auf eine Verbesserung zu verständigen. Natürlich kann sich ein ungutes Gemetzel auch bei der Metakommunikation fortsetzen. Wenn es richtig schwierig wird, ist es womöglich ein Segen, wenn ein Klärungshelfer das Metagespräch moderiert, sowohl im beruflichen Feld als auch im Privaten.

Für ein gutes Miteinander ist eine metakommunikatorische Grundhaltung von großer Bedeutung. In Worte gefasst lautet sie so: Wie wir (Ehepartner, Vorgesetzte:r und Mitarbeiter:in, Vater und Tochter… ) gut miteinander klarkommen, das steht in keinem Lehrbuch. Das müssen wir herausfinden! Störungen und Konflikte sind keine peinlichen Betriebsunfälle in einer Beziehung, die sich normalerweise und mit etwas gutem Willen harmonisch und vernünftig gestalten, sondern normale Ereignisse einer Beziehungsentwicklung.

In Seminaren findet Metakommunikation häufig in Form einer täglichen Morgenrunde statt, die den Austausch über dem bisherigen Seminarverlauf ermöglicht. Die Morgenrunde bietet Raum für inhaltliche Fragen, offene Punkte, persönliche Eindrücke und Befindlichkeiten, Irritationen und Konflikte im Miteinander sowie für Wünsche und Bedürfnisse. Auch in vielen Unternehmen hat ein metakommunikatorischer Austausch im wöchentlichen oder monatlichen Turnus bereits Einzug erhalten.

 

„Souveränität“

Wer würde nicht gern „souverän“ kommunizieren, möglichst nicht nur vor der Kamera, sondern in allen Lebenslagen? Souverän ist das Gegenteil von verdaddert, sprachlos, verlegen, errötend, hektisch getrieben, unsicher, aus der Rolle fallend, unprofessionell, nervös, hysterisch, verschüchtert. Positiv definiert: ruhig und aus der Inneren Mitte heraus, selbstsicher und rhetorisch treffsicher, mit dem nötigen Situationsgespür und einem professionellen Bewusstsein für das Rollengemäße und Zielgerechte. Wer souverän kommuniziert, lässt sich auch in schwierigen Situationen nicht „umpusten“, bewahrt Standfestigkeit und einen kühlen Kopf.

Soweit, so gut. Wohl alle Kommunikationstrainings streben eine Erhöhung der Souveränität an. Wir halten es aber für ratsam, zwischen einer Souveränität 1. und einer Souveränität 2. Ordnung zu unterscheiden:

Souveränität 1. Ordnung ist auf Perfektion und Kontrolle ausgerichtet: sich selbst und die Situation jederzeit „im Griff“ zu behalten, sich keine Blöße zu geben. Perfektion und Kontrolle (auch Selbstkontrolle) sind Ideale der Professionalität. Bei einer chirurgischen Operation oder im Cockpit eines Flugzeugs steht und fällt alles damit. Im Umgang mit Menschen kann dieses Ideal, auf die Spitze getrieben, das Menschliche jedoch auf ungute Weise verfehlen. Das Streben nach Perfektion und totaler Kontrolle tut der menschlichen Seele und dem zwischenmenschlichen Kontakt nicht gut. Es gehört zur Wahrheit des Menschen, dass er immer wieder auch fehlbar und nicht in Hochform ist, dass er zuweilen betroffen und verdaddert, dass er nicht immer auf Anhieb die richtigen Worte findet, dass er hilfsbedürftig und ratlos, nachdenklich und verletzlich ist.

Eine Souveränität der 2. Ordnung integriert diese „Schwächen“ nicht als bedauerliche Zeichen von Kläglichkeit, die man besser verbirgt, vielmehr als eine humane Realität, die keinen Zacken aus der Krone bricht, sondern die wahrhafte Krone erst aufsetzt - wenn, ja wenn man dazu stehen kann. Wer in diesem höheren Sinne souverän ist, kann zugeben, dass er/sie Bockmist gebaut hat, kann sich entschuldigen, kann um Hilfe bitten, kann dazu stehen,  dass er/sie emotional betroffen ist oder im Augenblick nicht mehr weiter weiß.

Durch dieses höhere Verständnis von Souveränität kann es gelingen, souveräne Professionalität und entwickelte Menschlichkeit miteinander zu verbinden. Das ist ein sehr anspruchsvolles Ideal, nicht nur für Führungskräfte. Diesem Credo entsprechend steht „Professionalität und Menschlichkeit“ als die über alle unsere Beratungs- und Trainingsangebote stehende, leitende Überschrift.

Literatur

 
 

„Teufelskreis“

Der Teufelskreis ist ein systemisches Modell, das eine sich aufschaukelnden Beziehungsdynamik zwischen zwei Parteien deutlich machen soll. Person A tut etwas, das eine negative Wirkung auf Person B hat. Person B empfindet das, was Person A getan hat, als unangenehm und unternimmt etwas dagegen. Die darauffolgende Handlung von Person B wird nun wiederum von Person A situationsverschärfend empfunden und führt dazu, dass diese sich in ihrer ursprünglichen Handlung bestätigt und verstärkt fühlt. Damit ist der Teufelskreis geschlossen (s. Abb. 1).

Abb. 1: Grundschema eines zwischenmenschlichen Teufelskreises

Ein Beispiel: Hanna verhält sich einsilbig und wenig mitteilsam. Torsten fühlt sich daher aus ihrem Leben ausgeschlossen, vor den Kopf gestoßen und befürchtet, hintergangen zu werden. Daraufhin wird er misstrauisch, fragt und bohrt nach. Hanna fühlt sich durch derartige „Verhöre“ kontrolliert, bedrängt und überwacht. Um sich mehr Freiraum zu verschafften, wird sie noch einsilbiger und macht schließlich ganz dicht. Schon ist der Teufelskreis im Gange.

In diesem zirkulären Modell werden vier Stationen unterschieden: Zum einen die äußerlich sichtbaren und wirksamen Verhaltensweisen (Äußerungen) beider Beteiligten, zum anderen ihre inneren Reaktionen (s. Inneres Team) darauf (s. Abb. 2).

Abb. 2: Beispiel eines Teufelskreises

„Nur weil du mich so kontrollierst, bin ich so einsilbig!“ – „Nur weil du mich nicht einbeziehst, frage ich ständig nach!“

Wer hat nun Schuld? Typisch für solche Teufelskreise ist, dass beide Partner:innen sich als bloß re-agierend auf die provozierenden Eigenarten des anderen empfinden. Hanna sagt: „Nur weil du...!“ Torsten sagt: „Nur weil du...!“ Watzlawick spricht von unterschiedlicher Interpunktion:  Beide sehen die Ursache beim/bei der anderen, bei sich selbst die Wirkung. Die Kreisförmigkeit des Geschehens ermöglicht es, jenseits von Schuld und Täter/Opfer-Denken das „Zusammenspiel“ zu betrachten und nach Ausstiegsmöglichkeiten Ausschau zu halten.

Ein weiteres Merkmal von Teufelskreisen ist die zunehmende Polarisierung. Was ist damit gemeint? In einer Partnerschaft ist beides wichtig und wertvoll: die Offenheit, das Sich-Mitteilen auf der einen Seite, die Einhaltung persönlicher Diskretionsgrenzen auf der anderen Seite. Beides gehört zusammen (s. Wertequadrat). Je mehr sich der Teufelskreis aufschaukelt, umso mehr identifizieren sie sich mit einem der beiden Werte: Torsten fordert mehr Offenheit, Hanna pocht auf Diskretion. Eine solche Polarisierung tendiert zur Eskalation: beide werden immer extremer (Hanna immer verschlossener, Torsten immer bohrender). Die Eskalation ist besonders dann vorprogrammiert, wenn die „provozierende Eigenart“ der/des anderen einen „wunden Punkt“ aus der Vorvergangenheit der/des anderen berührt und einen alten Schmerz aufrührt. Vielleicht hatte Hanna einen Vater, der sie immer wieder „streng verhört“ hat – und einen solchen Übergriff will sie nie wieder dulden! Vielleicht hat Torsten schmerzlich erfahren, wie er durch Geheimhaltung und Schweigen getäuscht worden ist – nun klingeln bei ihm alle Alarmglocken, wenn jemand zu erkennen gibt, dass er/sie etwas für sich behalten will.

Ein:e Klärungshelfer:in wird bemüht sein, das kreisförmige Zusammenspiel zu verdeutlichen und die Kommunikation auf die „waagerechte“ Ebene zu bringen, das heißt, anstelle der Vorhaltungen („Du...“) die Selbstkundgaben aus dem Inneren der Kreise (s. Abb. 2) zu ermutigen und zu verdeutlichen.

Literatur

Miteinander reden 2, 31 ff. (S. 28 ff.)
Schulz von Thun, F.: Fragen und Antworten, S. 77 ff.
Thomann, Ch. / Schulz von Thun, F.: Klärungshilfe 1, S. 265 ff.
 
 

„Stimmigkeit“

Von Stimmigkeit spricht man, wenn die Teile eines Ganzen gut zusammenpassen und sich widerspruchsfrei ergänzen. So ist es für eine politische Partei von großem Vorteil, wenn sie ein stimmiges Gesamtkonzept hat: wenn das Parteiprogramm, das politische Handeln, die Rhetorik und die Personen, wenn all diese Teile und Aspekte miteinander übereinstimmen. Ist  dies nicht der Fall, sind Parteibasis und Wähler verunsichert, oft auch empört: «Sie predigen soziale Gerechtigkeit und kürzen den Ärmsten der Armen die Unterstützung und fahren selbst mit einem dicken Porsche durch die Gegend!»

In der Kommunikationspsychologie Schulz von Thuns bezeichnet Stimmigkeit eine ebenso situationsgerechte wie authentische Kommunikation. Das heißt, eine Person verhält sich dann stimmig, wenn ihr Verhalten sowohl dem Charakter der Situation angemessen ist als auch wesensgemäß und echt. Diese «doppelte  Übereinstimmung» gilt als zentrales Kriterium für eine angemessene, gute und richtige Kommunikation. Diese orientiert sich an der Fragestellung: Wie kann ich kommunizieren angesichts dessen, wie die Situation konstruiert ist und was sie mir in meiner Rolle abverlangt, sowie angesichts dessen, was sich in mir regt und wofür ich stehe?

Um herauszufinden, was situationsgerecht ist, wird der Blick nach außen gerichtet, auf den situativen Kontext: Welches sind seine Bestandteile, wie hängen sie miteinander zusammen? Wie ist die Beziehung zum Gegenüber? Worum geht es in dieser Situation, welche Gebote und Forderungen sind darin enthalten, sodass die Kommunikation
dementsprechend ausfallen sollte? Zur Beantwortung dieser Fragen dient unter anderem das Situationsmodell.

Um herauszufinden, was authentisch ist, richtet sich der Blick nach Innen, auf den inneren Kontext der kommunizierenden Person: Welche Gedanken, Gefühle und Impulse melden sich in ihr und möchten sich zur Geltung bringen? Mit welcher Äußerung wäre sie in Übereinstimmung mit sich selbst? Welche inneren Gebote und Forderungen werden laut und wollen berücksichtigt sein? Hilfestellung bei dieser 4 Selbstklärung bietet das Innere Team.

Die Kommunikationsberatung greift den Grundgedanken der Stimmigkeit auf und lässt ihn praktisch werden: Zunächst wird der äußere Kontext der Fragestellung erkundet und visualisiert. Im zweiten Schritt werden die inneren Stimmen des Klienten erhoben und betrachtet. Die Erhebung dieser beiden Perspektiven bildet das Herzstück der Beratung und
die Grundlage für weitere Interventionen.

 

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