How to: Schwierige Gespräche führen

Wir alle kennen sie: Diese (Konflikt-)Gespräche, die uns ewig im Kopf herumschwirren. Die, in denen wir gerne schlagfertiger gewesen wären. Die, nach denen uns unter der Dusche noch die perfekte Retourkutsche einfällt. Blöd nur, dass sie dann niemand mehr hört.

Um schwierige Gespräche gut zu „führen“ – um nicht überrollt, überfordert und durchgeschüttelt zu werden, kann kommunikationspsychologisches Handwerkszeug uns gute Dienste erweisen:

Das Kommunikationsquadrat für die Vorbereitung: Worum geht’s mir und was ist meine Fantasie dazu, worum es meinem Gegenüber geht?

Das Modell vom Inneren Team für die innere Mannschaftsaufstellung: Was oder „wen“ von mir möchte ich zeigen? Und wen von meinen inneren Teammitgliedern auch besser nicht?

Die 5 Phasen der Gesprächsführung als idealtypischer Gesprächsablauf: Wo starten wir, was haben wir voneinander verstanden und zu welchem Schluss kommen wir?

Wir haben unseren Kollegen Karl Benien interviewt, Autor von „Schwierige Gespräche führen“ und Dozent unseres gleichnamigen Impulstages. Er hat uns verraten, dass du für schwierige Gespräche gar nicht schlagfertig sein musst, sondern gut vorbereitet. Was du brauchst, sind die genannten drei Modelle und eine Prise Souveränität „höherer Ordnung“.

Die beste Vorbereitung ist quadratisch!

Los geht’s mit dem Kommunikationsquadrat: Laut Karl das wichtigste Modell für schwierige Gespräche:

Sachebene

Über welche Themen will ich reden? Worin braucht es eine Einigung? Was sind meine Argumente?

Und dann ebenso wichtig: Was ist meine Fantasie, worum es meinem Gegenüber inhaltlich geht? Das Gleiche? Etwas ganz anderes?

Selbstkundgabe mit Hilfe des Inneren Teams

Was will ich von mir selbst preisgeben? Welche Teammitglieder möchte ich zeigen? Und welche nicht?

„Vielleicht möchte ich zeigen, wie wütend ich bin. Dann nehme ich meinen inneren Wüterich mit ins Gespräch. Wenn mein Gegenüber das aber auch tut, wird das Gespräch eskalieren. Wenn ich deeskalieren möchte, bin ich gut beraten, zusätzlich z.B. noch ein verständnisvolles und auch kooperatives Inneres Teammitglied mitzunehmen und je nach Kontext ggfs. auch ein verletzliches.“

Und wie mag es deinem Gegenüber gehen?

„Keine Ahnung, ist ja ein Idiot!“

Selbst das ist für das Gespräch ein wichtiger Gedanke, der ausgesprochen werden könnte - allerdings in abgewandelter Form „Ich habe keine Ahnung, wie es dir gehen mag. Mein Eindruck ist, dass du mir immer wieder Steine in den Weg legst. Deine Sichtweise und Beweggründe würden mich wirklich mal interessieren!“

Beziehungsebene:

Wie sehe ich die Beziehung? Welche Vorwürfe habe ich? Vielleicht sollte ich sie mal deutlich machen, weil der Konflikt bisher immer unter den Teppich gekehrt war.

Wie sieht mein Gegenüber die Beziehung und was könnte sie/er mir vorwerfen? Haben wir unterschiedliche Beziehungsdefinitionen?

Die unterschiedliche Beziehungsdefinition führt laut Karl am häufigsten zu Störungen in der Kommunikation: „Was kann ich mir erlauben? Wann kriege ich was auf die Finger? Was kannst du dir erlauben? Welche Rechte/Pflichten habe ich? Welche du? Wenn wir DAS anders sehen, werden wir uns auf der Sachebene immer wieder an die Köppe kriegen. Dann müssen wir das unbedingt zum Thema machen.“

Appell:

Was möchte ich von dir und was glaube ich, dass du von mir möchtest?

 

 

 

Gut vorbereitet starten wir mit dem nächsten Modell im Hinterkopf in das schwierige Gespräch.

Die 5 Phasen der Gesprächsführung

Phase 1: Anfangsphase

Warum möchte ich mit dir reden und was ist mein Ziel?

Hier benennen wir die „Wahrheit der Situation“ und prüfen das gemeinsame Verständnis davon: Warum treffen wir uns, zu welchem Thema und mit welchem Ziel? Diese vier Punkte sollten angesprochen werden: Warum (was ist vorgefallen)? Warum wir und in welchen Rollen? Zu welchem Thema? Und mit welchem Ziel?

Wenn schon hier widersprochen wird, weil kein geteiltes Verständnis über die Wahrheit der Situation besteht, deutet das häufig auf eine anderes Thema hin, das vielleicht noch wichtiger ist als das, was beide bisher dachten.

Phase 2: Einstiegsphase

Hier sollten beide Parteien Gelegenheit bekommen, ihren Standpunkt darzulegen, während der/die jeweils andere hoffentlich gut zuhört und dem Impuls widersteht, Gegenargumente einzubringen. „Du hast einen Standpunkt, ich hab‘ einen Standpunkt. Ich interessiere mich für deinen und sag dir meinen.“

Wichtig ist, dass die einladende Person das Gespräch beginnt und zuerst die Karten auf den Tisch legt. Ausnahme: Wenn dein Gegenüber nicht zuhören kann. Dann lasse ich sie/ihn zuerst reden und höre zunächst (aktiv) zu.

Phase 3: Dialog

Jetzt wird tiefer eingestiegen, argumentiert und austariert. Dies beginnt meistens auf Sachebene, um dann so langsam, wenn es darum geht, auf die Beziehungseben zu kommen.

Phase 4: Lösung/Vereinbarung

Wie verbleiben wir? Welche Lösung auf der Sachebe oder Vereinbarungen auf der Beziehungsebene sehen wir? Vielleicht welchen Kompromiss?

Wenn es vornehmlich um die Beziehung ging: „Wie wollen wir in Zukunft miteinander umgehen, wenn du dich so verhältst, das es mich nervt oder umgekehrt?“

Phase 5: Abschied

In der 5. Phase kannst du noch einmal zusammenzufassen: „Wir hatten folgende Standpunkte, die unterschiedlich waren, jetzt haben wir folgende Lösung und ich gehe mit folgendem Grundgefühl aus diesem Gespräch heraus. Wie geht’s dir nach unserem Gespräch?“

 

Und wenn’s trotzdem eskaliert?

Folgende Tipps hat Karl für dich, wenn’s eskaliert:

1. Dein Gegenüber ist sehr aufgebracht: Dann heißt die Notbremse: Aktives Zuhören: „Aktives Zuhören ist der effektivste Weg, eine drohende Eskalation wieder einzufangen. In dem du aktiv zuhörst, zeigst du deinem Gesprächspartner, dass du ihm voll und ganz Aufmerksamkeit schenkst und seine Sichtweise ernst nimmst. Wenn Gefühle verstanden werden, beruhigen sie sich wieder. Und dann ist der andere auch wieder in Lage, mir zuzuhören."

Der häufigste Fehler, den Menschen machen, ist zu viel zu reden und nicht zuzuhören, weil sie Angst haben, dem Gegenüber damit Recht zu geben. Aber es gibt einen Unterschied zwischen:

  • Verstehen (Ich nehme deine Sicht wahr.)
  • Verständnis (Ich kann sie nachvollziehen.)
  • Einverständnis (Ich stimme dir zu.)

2. Du bist zu aufgebracht: Wenn bei dir selbst die Betroffenheit so steigt, dass du nicht mehr gut kommunizieren kannst, hilft das Konzept der Souveränität „höherer Ordnung“. Karl sagt: Die meisten, die schlagfertig sein wollen, wollen souverän wirken. „Ich bin so schlagfertig und souverän, dass ich auf jeden Spruch einen Gegenspruch habe…“ „Aber wenn das beide machen, wird’s ätzend“, so Karl. Die Souveränität höherer Ordnung ist hier der bessere Ratgeber: „Ich bin manchmal gar nicht so souverän. Und das kann ich zugeben.“ Es ist auch eine Art Schlagfertigkeit zuzugeben, dass man gerade perplex/ überrumpelt/ überrascht ist und nicht die perfekte, schnelle Antwort parat hat. Wenn du diese Souveränität höherer Ordnung an den Tag legst, musst du nicht schlagfertig sein. Du gestehst dir (und implizit auch deinem Gegenüber) zu, dass ihr Menschen seid und das bedeutet, nicht immer souverän im Sinne von schlagfertig, wortgewandt, „on point“. Das machst du mit Sätzen wie: „Da bin ich jetzt überrumpelt, das hätte ich nicht gedacht, dass du so argumentierst. Da muss ich mich mal kurz sortieren.“

 

Mache den Gesprächs-Führerschein!

Beim Impulstag Schwierige Gespräche führen kannst du die Modelle vertiefen, an eigenen Beispielen testen und lernen, wie du Gespräche nicht nur überstehst, sondern aktiv steuerst.

Termine:

Online am 7. Mai  

In Präsenz am 14. November

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